Informationen über Asexualität
Stand Donnerstag, 31. Dezember 2020. Erste Version Donnerstag, 04 August 2005
Nach AVENguy. Übersetzt von Carsonspire, xaida und Maz. Ergänzungen und Präzisierungen von Maz.

Allgemeiner Überblick

"Bin ich asexuell?" ist eine der häufigsten Fragen auf AVEN und sie ist keine Frage, die allgemeingültig beantwortet werden kann.

Asexualität ist wie alle Merkmale der Persönlichkeit (und dazu gehört insbesondere auch die sexuelle Orientierung) immer auch eine individuelle Kategorie. Es gibt daher keine feste Anzahl an Kriterien, die einen als asexuell oder nicht bzw. nicht mehr asexuell festlegen können und kein Prüfungsverfahren welches bestimmt, ob man als asexuell gelten darf.

Wie bei allen sexuellen Orientierungen ist also auch Asexualität ein Begriff, der immer im Kontext des Lebens eines Menschen eingeordnet werden muss. Wer der Ansicht ist, dass der Begriff hilfreich sein kann um über sich selbst nachzudenken und andere Menschen über sich aufklären zu können, wird den Begriff daher nach eigenem Ermessen verwenden.

Man ist somit zunächst einmal asexuell, wenn man sich selbst so sieht. (*)

Nichtsdestoweniger gibt es bestimmte Gemeinsamkeiten bei denjenigen, die sich als asexuell identifizieren. Auf der Grundlage von Aussagen bekennender Asexueller wurde an der University of British Columbia ein wissenschaftlich fundierter Test entwickelt um Asexuelle von Sexuellen abzugrenzen, der auch unsicheren Menschen als eine grobe Orientierung dienen kann.
Siehe dazu diesen Thread im Forum: wissenschaftlicher Test - bin ich asexuell?"

Obwohl diese Merkmale also keineswegs diktieren, wer sich als asexuell identifizieren darf oder nicht, sind sie dennoch geeignet das Spektrum des Erlebens der meisten asexuellen Menschen in Netzwerken zum Thema Asexualität (einschließlich AVEN) zu beschreiben.

Jeder Mensch erlebt Asexualität für sich persönlich allerdings unterschiedlich. Obwohl es somit unmöglich ist, die ganze Vielfalt von asexuellen Erfahrungen zu beschreiben, können die Unterschiede im Empfinden zwischen Asexuellen im wesentlichen mit Bezug auf drei zentrale Faktoren betrachtet werden:

Anziehung:
Asexuelle Menschen unterscheiden sich in Bezug auf die Stärke ihrer Anziehung.
Manche asexuelle Menschen fühlen sich emotional bzw. romantisch zu jemandem hingezogen. Sie empfinden den Wunsch, mit einem Menschen eine enge Bindung einzugehen, haben aber kein Bedürfnis danach diese Nähe sexuell auszudrücken.
Asexuelle Menschen, die emotionale Anziehung empfinden, könnten sich z.B. als homo-, bi- bzw. heteroasexuell bezeichnen.
Andere asexuelle Menschen empfinden emotionale oder romantische Anziehung kaum oder gar nicht und können sich daher oft mit keiner der klassischen sexuellen Orientierungen identifizieren.
Diese Menschen könnten sich z.B. als Aromantiker bezeichnen.
Obwohl es wenig wahrscheinlich ist, dass diese Menschen sich in jemandem verlieben, so wünschen sich einige von ihnen dennoch Beziehungen oder legen einen besonders großen Wert auf Freundschaften.

Erregung/Libido:
Asexuelle unterscheiden sich stark im Hinblick auf die Stärke ihrer sexuellen Erregbarkeit bzw. der Häufigkeit von erlebter Erregung.
Für manche ist Erregung ein ziemlich gewöhnlicher Vorgang, obwohl er nicht mit der Suche nach einem Sexualpartner bzw. Sexualpartnern verbunden ist. Für andere ist Erregung lediglich ein Ärgernis. Manche masturbieren haben aber kein Verlangen nach Geschlechtsverkehr mit einem Partner. Andere asexuelle Menschen empfinden wenig oder keine Erregung. Diese Menschen betrachten ihren Mangel an Erregung aber nicht als ein medizinisches oder psychisches Problem, d.h. sie erleben keinen (primären bzw. intrinsischen) Leidensdruck durch diesen Umstand.
Asexuelle Menschen ohne Libido könnten sich z.B. als Nonlibidoisten bezeichnen.

Beziehungen:
Es gibt unter Asexuellen eine beträchtliche Vielfalt an unterschiedlichen Beziehungsvorstellungen. Manche haben keinen Hang zu Beziehungen und bleiben lieber für sich. Die meisten Asexuellen sind gesellschaftlich aktiv und unterhalten Netzwerke von Freundschaften, die Vertrautheit und Unterstützung bieten können. Manche Asexuelle bilden romantische Beziehungen, manche heiraten. Andere suchen einfach enge Freundschaften oder unterhalten Beziehungen, bei denen die Linie zwischen Freundschaft und romantischer Beziehung verschwimmt.





(*) Hinweis: Die Aussage "man ist asexuell wenn man sich selbst so sieht" ist keine Definition von Asexualität, sondern bezieht sich darauf, dass jede einzelne Person das alleinige Recht und die alleinige Kompetenz hat, die eigene sexuelle Orientierung für sich selbst zu erkennen (wofür aber selbstverständlich auch das Wissen bzw. die Erfahrung anderer hilfreich sein kann).

Es sollte also vor allem vermieden werden, dass Außenstehende (z.B. Ärzte, Psychotherapeuten, Journalisten, Behörden, etc.), ggf. sogar entgegen des ausdrücklichen Wunschs des Betreffenden, diesen im Hinblick auf die Orientierung festlegen und/oder das persönliche Empfinden generell pathologisieren.

Dies gilt insbesondere bei körperlicher Gesundheit sowie der Abwesenheit einer psychischen Störung im Bereich der Sexualität (d.h. dem Fehlen der zentralen Kriterien aller psychischer Störungen).
Beispiel: ein Patient hat keinen primären/intrinsischen Leidensdruck aufgrund eines fehlenden Verlangens nach sexueller Interaktion und zeigt im Kontext Sexualität weder unmittelbar fremd- noch selbstschädigendes Verhalten. In diesen Fällen darf z.B. sowohl nach ICD als auch nach DSM grundsätzlich keine sexuelle Appetenzstörung und keine "Paraphilie" diagnostiziert werden. Im Gegensatz zu leider in einigen Teilen der Community vertretenen Behauptungen ist dies ein elementarer Bestandteil der psychologischen Diagnostik, siehe dazu diesen Thread.

Darüber hinaus bezieht sich die Aussage "man ist asexuell wenn man sich selbst so sieht" auch auf eine Richtlinie für Umgangsformen im öffentlichen und privaten Diskurs (siehe dazu auch den "Fremdbestimmungsparagraphen" in den Forenregeln).

Diese Aussage bedeutet aber nicht, dass automatisch jede Person auch asexuell ist/wird, die sich selbst so bezeichnet. Menschen können sich natürlich sowohl im Hinblick auf sich selbst irren als auch bewusst falsche Informationen über sich selbst in die Welt setzen oder sich nicht ausreichend über die Bedeutung des Begriffs Asexualität informieren (zumal nicht jeder die gleiche Definition als Grundlage verwendet) und so zu falschen Schlüssen gelangen. Auf der Ebene des sexuellen Empfindens sind darüber hinaus auch normale Veränderungen über die Lebenszeit hinweg möglich.

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